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Rocky-Docky-Häuser – damals und heute

Aus dem Archiv

Erstveröffentlichung unter dem Titel „Rocky-Docky-Haus“, Soester Anzeiger, 1. April 2009, mit einem Nachtrag v. 29. September 2013

Jedes Jahr im September findet der „Tag des offenen Denkmals“ statt. In diesem Jahr stehen historische Orte des Genusses wie z. B. Gasthäuser im Mittelpunkt. Höchste Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, welche Baudenkmäler in der Gemeinde Welver für dieses Kulturereignis in Frage kommen und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten.

In Scheidingen besitzen wir ein ganz besonderes Kleinod: das alte Fachwerkhaus im Schatten der Kirche. Ein optischer Genuss für Einheimische und Gäste! Was macht dieses Dornröschenschlösslein so einzigartig?

Rocky-Docky Haus Nr. 1           (Foto: Soester Anzeiger, Peter Dahm)

Werfen wir zunächst einen Blick auf das äußere Erscheinungsbild: das filigrane Plastikplanendach, das von unzähligen Tauben als Landeplatz und öffentliche Toilette genutzt wird. Die leeren Fensterhöhlen, aus denen uns Gardinenfetzen freundlich zuwinken. Nicht zu vergessen: die imposante Holzplatte an der Vorderfront, die den Charakter dieses Hauses prägt.

Zugegeben: Wir haben es mit einer ausgesprochen spröden baulichen „Schönheit“ zu tun. Aber Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Ich finde: Dieser Backs hat Charme! Dieser Backs hält (noch) jeden Vergleich mit der schlammigen Dorfstraße stand! Und später einmal, wenn die Straße in neuem Glanz erstrahlt, wird dieses altehrwürdige Domizil einen reizvollen Kontrast bilden.

Früher einmal, in seinen guten Zeiten, beherbergte dieses ehrenwerte Haus im Erdgeschoß ein Lebensmittelgeschäft. Und aus den oberen Stockwerken erscholl abwechselnd laute Musik und ein markantes Lachen, das über die Dorfgrenzen hinaus bekannt war. Ohne Zweifel: Wir haben es mit einem historischen Ort des Genusses zu tun!

Seit Jahren wird dieses Geisterhaus schon nicht mehr bewohnt. Zumindest nicht von Menschen. Stattdessen haben sich hier vierbeinige Lebewesen eingenistet, ohne sich bei der Gemeinde ordnungsgemäß anzumelden. Aber die neuen Bewohner fühlen sich rattenwohl. Ob die Nager immer noch an dem Käse knabbern, der früher über die Ladentheke ging?

Wenn diese putzigen Tierchen wählen könnten, würde ihre Herberge ganz schnell unter den Schutz der UNESCO gestellt – als Beitrag der Großgemeinde Welver zum Weltkulturerbe. Aber auch ohne UNESCO lässt es sich in diesem Feuchtbiotop gut und sicher leben. Schließlich steht dieses Objekt – und damit auch seine pelzigen Bewohner – unter der Obhut konkurrierender staatlicher Institutionen, die sich dem Privateigentum verpflichtet fühlen.

Wie man hört, hat eine Privatperson mit diesem Haus Schiffbruch erlitten, die dem Buchstaben des Gesetzes besonders verpflichtet war und sich verspekuliert hatte. Heutzutage ist es leichter eine Bank zu enteignen als den verantwortungslosen Eigentümer eines Rocky-Docky-Hauses!

Unsere Behörden haben ein Herz für Tiere! Und lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Auch nicht durch Taubenkot oder herabfallende Trümmerteile, die die Passanten gefährden könnten. Von anderen Risiken wie Seuchengefahr ganz zu schweigen.

Dieses „Denkmal“ ist ein Symbol für deutsche Gründlichkeit und deutsche Tierliebe, für die Effizienz staatlicher Verwaltungsmaßnahmen und die reibungslose Zusammenarbeit der zuständigen Behörden. Denk mal (nach)!

Nachtrag v. 29. September 2013

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2013. Das Rocky-Docky-Haus im Schatten des Scheidinger Kirchturms ist längst Geschichte. Vor vier Jahren wurde es dem Erdboden gleich gemacht, mit Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Wolfgang Hörster.

Es war einmal…                         (Foto: Soester Anzeiger, Peter Dahm)

Gut, dass wir noch ein paar andere „Sehenswürdigkeiten“ haben, die unser Dorfbild verschönern, z. B. das Knusperhäuschen an der Wambeler Straße.

Kaum zu glauben, aber wahr: Dieses architektonische Kleinod mit seiner eleganten Außenfassade steht unter Denkmalschutz!

Denkmal an der Wambeler Straße

Ein weiteres Rocky-Docky-Haus liegt etwas abseits im Kaltenhagen. Diese Herberge, im Volksmund auch „Swidbert-Klause“ genannt, braucht den Vergleich mit den anderen Bauwundern nicht zu scheuen.

Zwar genießt die „Swidbert-Klause“ noch nicht den offiziellen Status eines Denkmals. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Schließlich ist es wichtig, das historische Erbe für die nachfolgenden Generationen zu bewahren, und zwar durch behutsame Sanierungsmaßnahmen.

Die „Swidbert-Klause“ im Kaltenhagen

Leider bröseln beide Baukörper still vor sich hin, unter den wachsamen Augen der kommunalen Denkmalpfleger. Bleibt noch die spannende Frage, was sich schneller auflöst, die maroden Rocky-Docky-Häuser – oder die Gemeinde…?

Sanfte Sanierung sichert Substanz

Hintergrundinfo:

Wer war Swidbert?

Swidbert alias Suitbert (der Glänzende) stammte aus England und starb im Jahr 713 in Kaiserswerth bei Düsseldorf. Nach allem, was wir wissen, kam er nie bis an den Salzbach, im Volksmund auch „Jordan“ genannt.

Er soll sich aber – auf dem Weg von England über Kaiserswerth nach Rom – mit letzter Kraft in die nach ihm benannte Klause am Scheidinger Schattertgraben geschleppt haben. Damals gab es noch keine Billigflieger, geschweige denn „Flughafen-Bischöfe“.

Der Legende nach hat Swidbert etwa drei Monate in seiner Scheidinger Klause verbracht, um sich von den Strapazen zu erholen. Ob er anschließend seine Pilgerreise nach Rom fortsetzte, um beim damaligen Papst zu glänzen, ist historisch nicht belegt.

Es könnte auch sein, dass sich Swidbert – nach seiner Erholungsphase im westfälischen Scheidingen – sofort wieder ins Rheinland zurückgezogen hat. Dort liegen seine Gebeine begraben, und zwar in Swidbertswerth, dem heutigen Kaiserswerth, seiner langjährigen Wirkungsstätte.

 

 

 

Politik im Schneckentempo

Verstößt die Gemeinde Welver gegen das Abwägungsgebot, also gegen die zentrale Vorgabe für die kommunale Bauleitplanung? Eine interessante Frage – und ein Fall für die Kommunalaufsicht beim Kreis Soest. Worum geht es? Politik im Schneckentempo weiterlesen

Edgar Wallace lässt grüßen

Stumm recken sie ihre entblößten Holzkörper in den bläulich gefärbten Abendhimmel: Die Linden auf dem ehemaligen Gottesacker an der Kirche St. Peter und Paul in Scheidingen, im Herzen Westfalens, bieten fürwahr einen gespenstischen Anblick. Befreit von morschem Geäst und Totholz wirken ihre nackten Stämme wie knochige Zeigefinger, die mahnend den Weg ins Jenseits weisen.

 

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Ehemalige Belgierhochhäuser sollen Flüchtlingsunterkunft werden

Wie der Soester Anzeiger berichtet:

In einem Mehrfamilienhaus in der Delkenstraße 26 in Scheidingen sollen demnächst 100 Flüchtlinge unterkommen.

 

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Archivbild: © Scheidingen.de und HDSI

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Spurensuche der Soldatenkameradschaft

70 Jahre ist es her: Ein verbrecherischer Eroberungs- und Vernichtungskrieg, der von deutschem Boden ausging und nach Deutschland zurückkehrte, endete mit der bedingungslosen Kapitulation. Der 8. Mai 1945 war ein Tag von entscheidender historischer Bedeutung, ein „Tag der Befreiung“, wie es der verstorbene Bundespräsident Richard von Weizsäcker vor 30 Jahren formuliert hat. Spurensuche der Soldatenkameradschaft weiterlesen

Staatsbesuch in Welver

Berlin/Rom/Welver – Bundespräsident Gauck wird in Welver erwartet. Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen in der Bundeshauptstadt zu erfahren war, könnte das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland in der zweiten Hälfte dieses Jahres zu einer Visite in die Mitte Westfalens aufbrechen, auf besonderem Wunsch der Pfarrgemeinde St. Maria. Staatsbesuch in Welver weiterlesen

Vereinssterben geht weiter

Erst vor wenigen Tagen hatte der Frauensingekreis Scheidingen sein nahes Ende angekündigt, mangels Nachwuchs. Jetzt beschloss der Förderverein St. Peter und Paul Scheidingen mit großer Mehrheit, seine Tätigkeit einzustellen.

Nach der Zwangsauflösung der selbständigen Pfarrgemeinde zum 1. Januar 2014 und dem Abschluss umfangreicher Sanierungsmaßnahmen an der Kirche fehlte offensichtlich die Geschäftsgrundlage.