Mahnung für den Frieden

Alle Jahre wieder wird anlässlich des Volkstrauertages der gefallenen und vermissten Soldaten der beiden Weltkriege gedacht. Auch in der Mitte Westfalens, in Scheidingen. Aber hier in einer auf den Samstag vorgezogenen Gedenkfeier, die von der örtlichen Soldatenkameradschaft am Ehrenmal ausgerichtet wird.

Die Reservisten, Schützen und Fackelträger traten an, es wurde gebetet und unter dem Kommando von Christoph Kaiser – in Vertretung für den erkrankten Kameradschaftsführer Stefan Kaiser –, ein Kranz niedergelegt, die Nationalhymne erklang sowie getragene Choräle vom Männergesangverein und den Hirschbläsern. Das alles bei trübem Novemberwetter, dem Anlass dieses stillen Tages entsprechend. Ein überflüssiges Ritual? Sicher nicht!

Der Landtagsabgeordnete Heinrich Frieling machte in seiner Gedenkansprache deutlich, worum es heute geht: Nicht mehr die Trauer stehe im Vordergrund, sondern die Mahnung für den Frieden. Die Demokratie sei kein Selbstläufer, der Frieden gefährdet, wie uns gerade in kriegerischen Zeiten wie diesen wieder bewusst werde. Er wies auf die „Spurensuche“ der Soldatenkameradschaft hin, mit der die Schicksale der gefallenen und vermissten Soldaten aus Scheidingen und Illingen aufgearbeitet worden seien. Viele der auf dem Denkmal eingravierten Namen seien noch heute in den Dörfern geläufig.

Was hätte aus diesen Menschen werden können, wenn sie damals nicht auf den Schlachtfeldern Europas verblutet wären? Was haben wir aus der Geschichte gelernt? Heute zerplatzen die Lebensträume junger Frauen und Männer in der Ukraine und im Nahen Osten, um nur zwei Beispiele zu nennen. Frieling, der auch Mitglied im Landesvorstand des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist, rief alle dazu auf, sich für die Demokratie und ein friedliches Zusammenleben einzusetzen.

Nach der Gedenkfeier Abmarsch mit klingendem Spiel: Die Hirschbläser intonierten den „Reichswehrmarsch“, der in den 1920er Jahren während der Weimarer Republik von Johann Brussig komponiert wurde.  Auch damals stand die noch junge erste Demokratie auf deutschem Boden unter feindlichem Beschuss, bis sie 1933 schließlich zusammenbrach. Soweit darf es nie wieder kommen!

Ziel des Marsches war die gut geheizte Schützenhalle, wo bei Kaffee und Kuchen, gezupftem Schweinefleisch und kühlem Bier der „Hubertustag“ gefeiert wurde. Die Blasmusik Hultrop spielte auf und Brudermeister Elmar Rickert freute sich über die gute Resonanz, auch aus der Dorfbevölkerung. Das Leben muss ja irgendwie weitergehen…

 

Hintergrund:

Der Volkstrauertag wurde 1920 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. zum Gedenken an die Kriegstoten der Ersten Weltkrieges ins Leben gerufen. Die erste Feierstunde fand 1922 im Deutschen Reichstag in Berlin statt. Es ging schon damals nicht nur um die Trauer derjenigen, die persönliche Verluste zu beklagen hatten, sondern auch um ein Zeichen der Solidarität derjenigen, die der Krieg verschont hatte. 1934 wurde der Volkstrauertag von den Nationalsozialisten zum Staatsfeiertag erklärt und in „Heldengedenktag“ umbenannt. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde der Volkstrauertag erneut vom Volksbund eingeführt. Seit 1952 findet er jeweils am 2. Sonntag vor dem 1. Adventssonntag statt. (Quelle: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge)