Beschluss des Petitionsausschusses zum Gewerbegebiet

Der Petitionsausschuss des Landtags NRW hat in seiner Sitzung am 20. November 2018 über die Beschwerde vom 28. Juni 2018 zum Scheidinger Gewerbegebiet beraten. Mittlerweile wurde auch der Beschluss zugestellt.

Nach Ansicht des Petitionsausschusses liegen keine Anhaltspunkte vor, das Handeln der Gemeinde zu beanstanden und im Sinne der Petition weiter tätig zu werden. In der Petition war darum gebeten worden, die Versäumnisse der Gemeinde sowie der Aufsichtsbehörden bei der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 5 für das Gewerbegebiet in Scheidingen zu prüfen.

Nachfolgend die Petition vom 28.06.2018 sowie der Beschluss des Petitionsausschusses vom 20.11.2018 zur Kenntnis und eigenen Bewertung:

Wortlaut der Petition vom 28.06.2018

„Sehr geehrte Damen und Herren, die Gemeinde Welver plant die Änderung des Bebauungsplans Nr. 5 für das Gewerbe-/Industriegebiet Scheidingen, d. h. nach den Worten des Bürgermeisters und früheren Mitarbeiters des Kreises Soest die „Legalisierung“ des gegenwärtigen Zustands. Gemeint sind Flurstücke, die seit 20 Jahren gewerblich genutzt werden, aber immer noch als landwirtschaftliche Flächen innerhalb des bestehenden Gewerbegebietes ausgewiesen sind. So lange herrschen dort schon Planungsunsicherheit und ungelöste Konflikte – ein Skandal!

Was taten die Aufsichtsbehörden in Soest und bei der Bezirksregierung Arnsberg, um diesen Skandal zu beenden? Der Kreis Soest duldete offensichtlich mehr als zwei Jahrzehnte diesen unhaltbaren Zustand. Denn es war diese Behörde, die u.a. die Einrichtung eines Containerstellplatzes auf einem Grundstück genehmigt hatte, das nach wie vor als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen ist. Tatsächlich waren auf diesem Grundstück direkt neben einem geschützten Landschaftsbereich bis vor kurzem nur Berge von Altreifen zu sehen, aber kein einziger Container!

Auch die durch den Kreis Soest genehmigte Gewerbehalle am südöstlichen Rand, die nach einem Großbrand bisher nicht wieder aufgebaut werden durfte, stand anscheinend auf einem Flurstück, das ebenfalls noch als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen ist.

Seit Jahren klagen die Anlieger über eine unzumutbar hohe Verkehrsbelastung, bedingt durch den Ziel- und Quellverkehr des nahe gelegenen Gewerbe-/Industriegebietes. Gleichwohl wurde den Teilnehmern der Bürgerversammlung am 8. Mai 2018 erklärt, dass die Gemeinde auf ein Verkehrsgutachten verzichtet habe. Begründung: Durch die geplante Änderung des Bebauungsplans werde sich an den Verkehrsverhältnissen nichts ändern. Eine gewagte These! Denn wer kann schon ohne fundierte Untersuchung eine seriöse Aussage darüber treffen, wie sich die Verkehrsströme in Zukunft entwickeln werden.

Aus der Argumentation der Gemeindevertreter folgt, dass die berechtigten Interessen der Anlieger, die schon während des jahrzehntelangen „illegalen Zustands“ ignoriert wurden, auch nach einer „Legalisierung“ unberücksichtigt bleiben sollen.

„Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden“, heißt es im Baugesetzbuch. Aber noch bevor die Überplanung für die immer noch landwirtschaftlich ausgewiesenen Teilflächen (etwa 5 Hektar) im bestehenden Gewerbegebiet erfolgreich abgeschlossen werden konnte, wurde aus politischen Kreisen bereits zusätzlicher Flächenbedarf angemeldet.

Dabei hat Welver nicht zu wenig, sondern zu viele Reserveflächen, die weit über dem von Arnsberg errechneten Bedarf liegen. Und es gibt eine Standortalternative östlich des Zentralortes (Ostbusch/Pferdekamp), die sich verkehrsmäßig besser anbinden ließe. Diese Alternative müsste geprüft werden, wenn über eine Erweiterung des bestehenden Gewerbegebietes in Scheidingen diskutiert wird.

Mit Schreiben v. 5.6.2018 und 7.6.2018 haben sich die Kommunalaufsicht und die Bauaufsicht des Kreises Soest unter Verweis auf die „Selbstverwaltungshoheit“ der Gemeinde Welver für nicht zuständig erklärt. Es stimmt: Die kommunale Selbstverwaltung ist ein hohes und durch das Grundgesetz geschütztes Gut. Diese findet aber ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen!

Die Selbstverwaltung ist zudem nicht nur ein Recht, sie bedeutet auch die Pflicht, die kommunalen Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen. Dieser Verantwortung ist die Gemeinde Welver zum wiederholten Male nicht gerecht geworden, wie ungezählte Presseberichte belegen. Als Beispiele nenne ich die desolate Haushaltslage, die unendliche Geschichte beim Thema „Abwasser“ und das skandalöse Versagen bei der Aufstellung des o.g. Bebauungsplans. Ich bitte um Prüfung und Stellungnahme!“

Beschluss des Petitionsausschusses vom 20.11.2018

„Der Petitionsausschuss hat sich über den der Petition zugrunde liegenden Sachverhalt und die Rechtslage unterrichtet.

Das Aufstellen und Ändern von Bauleitplänen obliegt der Gemeinde im Rahmen der ihr verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit, auf die der Petitionsausschuss keinen Einfluss nehmen kann. Bauleitpläne sind nur zu beanstanden, wenn sie nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind oder dem Baugesetzbuch oder aufgrund des Baugesetzbuchs (BauGB) erlassenen oder sonstigen Vorschriften widersprechen.

In dem in Rede stehenden Ortsteil S. werden die angesprochenen, im rechtskräftigen Bebauungsplan (B-Plan) Nr. 5 liegenden Flächen seit Jahren gewerblich genutzt. Die gewerbliche Nutzung der Grundstücke basiert auf Genehmigungen, die im Zuge des Verfahrens zur 4. Änderung des B-Plans gemäß § 33 des BauGB im Vorgriff auf die seinerzeit erwartete Rechtskraft der 4. Änderung des B-Plans erteilt wurden. Das Planverfahren wurde jedoch nicht bis zur Rechtskraft des Bauleitplans gebracht. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Herbeiführung der im Hinblick auf § 33 BauGB erforderlichen materiellen Planreife sowie auf die Fortführung und den Abschluss eines Bauleitplanverfahrens gibt es nicht. Wird ein Bebauungsplan entgegen der einer Genehmigung nach § 33 BauGB zugrundeliegenden Prognose nicht rechtsverbindlich, lässt dies die Wirksamkeit einer Baugenehmigung und den Bestandsschutz einer errichteten baulichen Anlage unberührt.

Nutzungsänderungen, bauliche Entwicklungen und Änderungen sind auf den angesprochenen Grundstücken derzeit nicht genehmigungsfähig. Für das Grundstück im Südosten des Gewerbegebiets mit der im letzten Jahr abgebrannten Gewerbehalle kann deshalb zurzeit keine Genehmigung für eine beantragte gewerbliche Nach- bzw. Wiedernutzung erteilt werden. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Gemeinde, den B-Plan Nr. 5 durch ein neues Änderungsverfahren entsprechend anzupassen und die bislang im Geltungsbereich als Fläche für die Landwirtschaft festgesetzten Flächen als Gewerbe- und Industrieflächen festzusetzen. Im Parallelverfahren erfolgt eine entsprechend erforderliche Änderung des Flächennutzungsplans (FNP). Mit Verfügung vom 19.06.2018 hat die zuständige Bezirksregierung die Anpassung der Planung an die Erfordernisse der Raumordnung gemäß § 34 Abs. 1 des Landesplanungsgesetzes bestätigt. Im Regionalplan liegt der Geltungsbereich des B-Plans Nr. 5 bzw. die vorgesehene Änderung im Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) bzw. ist aus diesem zu entwickeln.

Durch die 5. Änderung des B-Plans Nr. 5 in Verbindung mit der 34. Änderung des FNP sollen die bereits bestehenden Gewerbenutzungen planerisch gesichert und die Festsetzungen an die vorhandene Bestandssituation angepasst werden. Somit ist eine Anpassung zur realen Nutzung, die bisher fehlte, beabsichtigt. Mit der Einbeziehung der in Rede stehenden Flächen in der Größenordnung von ca. 5 ha werden keine zusätzlich verfügbaren Gewerbeflächenreserven geschaffen. Auch werden keine zusätzlichen Nutzungen ermöglicht, die zusätzliche Verkehre auslösen und die über die bestehenden verkehrlichen Belastungen hinausgehen könnten. Während der Phase der Planentwurfserarbeitung hat die Gemeinde die Notwendigkeit einer gutachterlichen Untersuchung der verkehrlichen Situation erörtert und die Erstellung eines Gutachtens als nicht erforderlich angesehen, da die Flächen im Gewerbegebiet ausgelastet sind und eine darüber hinausgehende Nutzung nicht Gegenstand der aktuellen Bauleitplanung ist.

Im Rahmen der Beteiligungsverfahren der Bauleitplanverfahren hat der Petent während der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, seine Bedenken und Anregungen vorzubringen. Deren ordnungsgemäße Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB obliegt der Gemeinde. Die Offenlage gemäß § 3 Abs. 2 BauGB und parallel die Beteiligung gemäß § 4 Abs. 2 BauGB haben mittlerweile stattgefunden. Der Petent hat nach Auskunft der Gemeinde keine weiteren Anregungen vorgetragen. Im Zuge der Beteiligung der Behörden hat sich im Zusammenhang mit eventuell notwendigen Kompensationsmaßnahmen jedoch noch Klärungsbedarf mit der unteren Landschaftsbehörde ergeben. Ob dies zu einer erneuten Auslegung führen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend ermittelt werden.

Im Ergebnis liegen keine Anhaltspunkte vor, die Bauleitplanverfahren und das Handeln der Gemeinde zu beanstanden. Der Ausgang der Verfahren bleibt abzuwarten. Vor diesem Hintergrund sieht der Petitionsausschuss keine Möglichkeit, weiter im Sinne der Petition tätig zu werden.“